Die Art der eingesetzten Kältemittel in der Klima- und Kältetechnik hat sich historisch schon oft gewandelt. Von den natürlichen Kältemitteln ging man in den 1920er Jahren zu den sogenannten Sicherheitskältemitteln, den FCKW über. Mit der Problematik der Ozonloch-Entstehung wurden chlorierte Kältemittel mit ODP-Werten größer Null verboten, sodass auf HFKW zurückgegriffen wurde. Diese weisen jedoch ein viel-tausendfach höheres Treibhauspotenzial als CO2 auf und tragen bei Austritt in die Atmosphäre zur globalen Erderwärmung bei. [1]
In Kälte- und Klimaanlagen stiegen die Emissionen an F-Gasen seit den 2000er Jahren massiv an und gingen durch die politischen Entscheidungen in den letzten Jahren leicht zurück. Im Jahr 2017 wurden mehr als 9 Mio.t CO2 -Äquivalent durch HFKW und FKW in der Kältebranche emittiert. Dies entspricht einem Anteil am gesamten CO2 -Ausstoß in Deutschland von 3,63 %. [2]
Durch das Montreal- und Kigali-Protokoll und zuletzt durch die Erneuerung der F-Gase-Verordnung der Europäischen Union (im Jahr 2024) wird das Inverkehrbringen von Kältemitteln mit hohen GWP-Werten in Zukunft begrenzt. Im Fokus der politischen Reglementierung befinden sich vor allem fluorierte Kältemittel, da diese ein hohes Treibhauspotenzial aufweisen. Seit dem Inkrafttreten der EU-F-Gas-Verordnung 2024/573 wird für die Ein- und Ausfuhr von Stoffen, die in den Anhängen I-III der Verordnung aufgeführt sind, oder Erzeugnissen, die diese Stoffe enthalten, eine Lizenz benötigt. Es wurde zudem die Menge am Markt verfügbarer HFKW weitgehender beschränkt sowie neue Verwendungs- und Inverkehrbringensverbote erlassen. Diese gelten insbesondere, wenn technisch machbare, klimafreundlichere Alternativen vorhanden sind. Ab dem Jahr 2050 ist das Inverkehrbringen teilfluorierter Kohlenwasserstoffe vollständig untersagt (Phase-Out). [3]
Auch die klimafreundlicheren HFOs sind als Alternativkältemittel vermehrt in die Kritik der Öffentlichkeit geraten, da diese bei Leckagen umweltschädigende Verbindungen (PFAS) bilden. Mit einem im Jahr 2022 eingereichten Vorschlag zur Erneuerung der REACH-Verordnung soll in Zukunft die Entstehung von PFAS beschränkt werden. Der vorliegende Vorschlag könnte eine Reihe von aktuell eingesetzten Kältemitteln betreffen. [4]
Das wesentliche Ziel der Politik ist daher der zukünftig flächendeckende Einsatz klimafreundlicherer Kältemittel, welche kein ODP und nur ein geringes GWP aufweisen. Eine Möglichkeit ist der Einsatz natürlicher Kältemittel, welche bereits vor Einführung synthetischer Ersatzstoffe in der Kältetechnik verwendet wurden. Es gibt eine Reihe an natürlichen Substanzen, die sich von ihren thermodynamischen Eigenschaften für den Einsatz in privaten und gewerblichen Kälteanwendungen eignen. Die hohe Verfügbarkeit, Umweltfreundlichkeit und geringen Anschaffungskosten sprechen auch langfristig für eine aussichtsreiche Verwendung in der Klima- und Kältebranche. [5]
Die natürlichen Kältemittel weisen allerdings sehr unterschiedliche spezifische Eigenschaften auf, sodass der jeweilige Einsatz energetisch und sicherheitstechnisch auf den Anwendungsfall abgestimmt sein muss. Durch den gezielten und energetisch sinnvollen Einsatz natürlicher Kältemittel kann der CO2 -Ausstoß drastisch gesenkt werden. Die gängigsten natürlichen Kältemittel sind im Folgenden samt Kurzbeschreibung der Eigenschaften, der Herausforderungen und typischen Anwendungsbereiche aufgelistet: [6, 7]
hervorragende thermodynamische Eigenschaften (hohe Energieeffizienz)
viele Jahrzehnte Erfahrung im Einsatz in Großkälteanlagen
Preisgünstiger Betriebsstoff und niedrige Gesamtkosten
Toxizität und Entflammbarkeit
Panikerzeugend
>> Industriekälte, Kühlhäuser, Sport- und Freizeitanlagen, Großraumklimatisierung
ideale Umwelt- und Sicherheitsbedingungen
Einsatz in Sorptionskältemaschinen erprobt
Sehr kostengünstig und leichte Verfügbarkeit
hoher Gefrierpunkt bei 0 °C und hohe Dichte
>> Industriekühlung
geringe Sicherheitsanforderungen
hohe volumetrische Kälteleistung sorgt für kompakte Bauweise der Kälteanlage
günstige Wärmeübertragungseigenschaften
vielfältige Anwendung im NK-, TK- und Klimabereich
niedrige kritische Temperatur (31 °C) sorgt für transkritische Betriebsweise
häufig komplexer Kälteanlagenaufbau und größerer Regelaufwand
>> Einzelhandel, Industriekälte, Kühlhäuser, mobile Klimatisierung, Brauchwasserwärmepumpen
hohe Energieeffizienz in NK-/Klimabereich
sehr breites Anwendungsgebiet bei einfachem Kälteanlagenaufbau
freiere Wahl des Aufstellungsorts durch indirekte Bauweise
hervorragende Ölverträglichkeit
hohe Sicherheitsanforderung aufgrund von Brennbarkeit
indirekte Bauweise reduziert Energieeffizienz
>> private und gewerbliche Anwendungen, Industriewärmepumpe
Kältemittel | GWP | brennbar | giftig | Kosten d. Anlage | Verdichtervolumen | Theo. Leistungszahl |
---|---|---|---|---|---|---|
Kohlenwasserstoffe | niedrig | ja | nein | mittel | mittel | gut |
Kohlendioxid | niedrig | nein | ab 10% | mittel | klein | mittel |
Ammoniak | keins | entflammbar | ja | höher | mittel | sehr gut |
Wasser | keins | nein | nein | mittel | sehr groß | gut |
In der Reihe der natürlichen Kältemittel wurde im Rahmen des Projektes PuCO2 der Fokus auf Propan (R290) und CO2 (R744) gelegt, welche vor allem in kleinen bis mittelgroßen industriellen und privaten Anlagen ihre Anwendung finden. In der Übersicht über die natürlichen Kältemittel sticht heraus, dass beide Kältemittel über gute thermodynamische Eigenschaften verfügen und gleichzeitig durch ihr geringes GWP und fehlende Toxizität umweltfreundlich sind. Vor allem mit CO2 wurden gute Erfahrungen in der Anwendung im Tiefkühlbereich gemacht. Propan weist vor allem im Normalkühlbereich ein ähnliches Verhalten wie herkömmliche Kältemittel auf und erreicht hier höhere Leistungszahlen.
Bei genauerer Betrachtung ist jedoch zu erkennen, dass alle natürliche Kältemittel mindestens eine negative Eigenschaft aufweisen. Hier ist beispielsweise die Toxizität von Ammoniak, die hohen Drucklagen bei Kohlendioxid sowie die Brennbarkeit von Propan zu nennen. Aus diesen Gründen können natürliche Kältemittel nicht als Drop-In-Kältemittel in bestehenden Anlagen eingesetzt werden, da entweder aufgrund der physikalischen Eigenschaften oder aus sicherheitstechnischen Gründen ein anderer Anlagenaufbau erforderlich ist und teilweise andere Aufstellbedingungen für die Anlagen gelten
R290 | R744 | |
---|---|---|
Potenziale | unkomplizierte Anwendung in Kleinanlagen; Einsatz in indirekt betriebenen Großkälteanlagen im NK-Bereich | TK-Anwendungen (subkritisch); Supermarktanwendungen |
Herausforderungen | Brennbarkeit des Kältemittels; Zusätzliche Wärmeübergänge und Komponenten bei indirektem System | hohe Drucklagen und komplexe Anlagentechnik; geringere Leistungszahlen im transkritischen Betrieb |
Das sicherheitstechnische Tool bietet die Möglichkeit, die spezifischen Anforderungen an eine Kälteanlage mit R290 und R744 zu überprüfen und miteinander zu vergleichen. Zusätzlich sollen die Informationen zur Sicherheitstechnik bei Propan und Druckregelungstechnik bei CO2 bei der Planung und dem Betrieb einer Kälteanlage mit diesen natürlichen Kältemitteln unterstützen.
Das übergeordnete Ziel des Projekts „Propan und CO2 als Kältemittel – sicherer Umgang und energetischer Vergleich“ ist es Betreiber und Hersteller von Kälteanlagen bei der Verwendung von Propan (R290) und Kohlenstoffdioxid (R744) zu unterstützen und über Besonderheiten beim Betrieb zu informieren.
Ziel ist es, Hemmnisse bei der Verwendung der Kältemitteln, insbesondere Propan zu reduzieren. Dafür werden die folgenden Teilziele definiert:
Reinstoffe oder Stoffgemische, die aufgrund ihrer thermodynamischen Eigenschaften in geschlossenen Kältekreisläufen als Speicher- und Transportmedium von Wärme eingesetzt werden. Grundsätzlich ist die Verwendung aller Fluide möglich, deren Verdampfungstemperatur bei moderaten Druckverhältnissen im Bereich der Zieltemperatur liegt. Je nach Temperatur- und Leistungsbereich gilt es das geeignetste Kältemittel auszuwählen. [8]
Das Ozonzerstörungspotenzial (engl.: Ozone Depletion Potential) ist ein einheitenloser Wert, der die Eigenschaft eines Kältemittels die Ozonschicht anzugreifen einordnet. Hierbei wurde R11 als Referenzstoff mit einem ODP-Wert von 1 festgelegt. Vor allem Gase mit Chlor-Verbindungen, wie FCKW, sorgen durch chemische Reaktionen für einen Abbau der Ozonschicht. [9]
Der GWP-Wert (engl.: Global Warming Potential) ist eine Bewertungsgröße, um die Treibhausaktivität verschiedener Stoffe miteinander vergleichen zu können. Hierbei wurde die Klimawirkung von CO2 als Referenzpunkt gesetzt (GWP = 1). Insbesondere die sogenannten F-Gase besitzen meist ein hundert- bis tausendfach höheres Treibhauspotenzial als CO2. [10]
Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (kurz PFAS) sind eine Gruppe chemischer Verbindungen, zu denen unter anderem auch die als Kältemittel verwendeten F-Gase zählen. Aufgrund ihrer Langlebigkeit in der Umwelt sind PFAS in den letzten Jahren in den Fokus der Umweltbehörden und öffentlichen Debatten gerückt, weshalb ein zukünftiges Umlauf- und Herstellungsverbot in Diskussion steht (s. REACH-Verordnung). [11, 12]
Die europäische REACH-Verordnung regelt welche Chemikalien in der EU hergestellt und verbreitet werden dürfen. Es liegen Vorschläge der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) vor, die Herstellung, Verwendung und das Inverkehrbringens von PFAS in naher Zukunft zu verbieten. Laut Definition zählen auch die meisten derzeit verwendeten F-Gase zur PFAS-Stoffgruppe. [13]
Chlorfluorkohlenwasserstoffe (FCKW) sind organische Verbindungen, die vor allem als Treibgase, Kältemittel oder Lösemittel verwendet werden. Aufgrund ihrer ozonschädigenden Wirkung sind sie heute in vielen Anwendungsfeldern verboten. [14]
Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW) weisen kein Ozonabbaupotential und ähnliche Eigenschaften wie FCKW auf, weshalb HFKW als Ersatz in verschiedenen Anwendungen wie Kühlsystemen, Klimaanlagen und Schaumstoffen verwendet wurde. Aufgrund der hohen GWP-Werte ist ihre Verwendung in Zukunft ebenfalls beschränkt. [14]
Bei Hydrofluorolefinen handelt es sich um ungesättigte synthetische HFKW, die einen deutlich geringeren GWP-Wert aufweisen. Sie werden als Kältemittel der 4. Generation bezeichnet und gelten als umweltfreundlicher Kältemittelersatz für HFKW und FCKW. [4]
Drop-In-Kältemittel können in Kälteanlagen eingesetzt werden, die vorher mit einem anderen Kältemittel gefüllt waren, ohne die Anlage anpassen zu müssen. [15]